
Autodoc-Börsengang scheitert erneut: Wenn selbst die Investoren kalte Füße bekommen
Die Berliner Autoteileplattform Autodoc hat ihren für gestern geplanten Börsengang in letzter Minute abgeblasen – und das bereits zum zweiten Mal. Was sich wie ein schlechter Scherz anhört, offenbart die tiefgreifenden Probleme des deutschen Kapitalmarkts. Während die Unternehmensführung von "geopolitischen Unsicherheiten" und einem "volatilen Marktumfeld" spricht, dürfte die Wahrheit weitaus profaner sein: Die Investoren trauen dem deutschen Markt schlichtweg nicht mehr.
Ein Déjà-vu der besonderen Art
CEO Dmitry Zadorozhny und sein Team hatten große Pläne. Mit einer anvisierten Bewertung von bis zu 2,4 Milliarden Euro sollte der Börsengang zu den größten Tech-IPOs des Jahres in Deutschland zählen. Altaktionäre wollten Anteile im Wert von 390 bis 464 Millionen Euro zu Geld machen. Doch daraus wird nun nichts – wieder einmal.
Bereits 2021 hatte Autodoc einen ersten Anlauf gewagt und war ebenfalls in letzter Sekunde zurückgerudert. Man könnte meinen, das Unternehmen habe ein Abonnement auf gescheiterte Börsengänge. Doch der zweite Rückzieher wirft fundamentale Fragen auf: Ist der deutsche Kapitalmarkt überhaupt noch attraktiv für wachstumsstarke Technologieunternehmen?
Die unbequeme Wahrheit hinter den Floskeln
Wenn Finanzvorstand Lennart Schmidt betont, das Unternehmen sei "schuldenfrei" und könne sich "weiterhin aus eigener Kraft finanzieren", klingt das zunächst beruhigend. Autodoc erwirtschaftete 2024 einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro – eine Steigerung gegenüber den 1,3 Milliarden Euro aus dem Vorjahr. Mit über 6,7 Millionen Produkten von 2500 Herstellern und Präsenz in 27 europäischen Ländern gehört das Unternehmen zweifellos zu den Schwergewichten im digitalen Aftermarket.
"Nach intensiver Prüfung – auch unter Berücksichtigung der geopolitischen Situation, die den Prozess überschattete – sind wir gemeinsam mit unseren Aktionären und Banken zu dem Schluss gekommen, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt ist"
Diese diplomatische Formulierung des CEOs verschleiert jedoch die harte Realität: Die Investoren haben schlichtweg kein Vertrauen mehr. Die Eskalation im Nahen Osten mit israelischen Angriffen auf iranische Atomanlagen und iranischen Vergeltungsschlägen mag als Ausrede herhalten – doch die wahren Probleme liegen tiefer.
Deutschland als Investitionsstandort: Ein Trauerspiel
Der gescheiterte Autodoc-Börsengang reiht sich nahtlos in eine Serie von Enttäuschungen ein. Das jüngste Beispiel lieferte die Parfümeriekette Douglas, deren Aktie seit dem Börsengang im März 2024 über 40 Prozent an Wert verloren hat. Analysten schieben dies auf das schwache Konsumklima – doch das greift zu kurz.
Die neue Große Koalition unter Friedrich Merz mag zwar versprochen haben, keine neuen Schulden zu machen, doch ihr 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastruktur spricht eine andere Sprache. Die im Grundgesetz verankerte Klimaneutralität bis 2045 wird Generationen von Steuerzahlern belasten und die Inflation weiter anheizen. Welcher vernünftige Investor würde unter diesen Umständen sein Geld in deutsche Unternehmen stecken?
Die wahren Gründe des Scheiterns
Während die Unternehmensführung von einem möglichen späteren Börsengang träumt, sollte sie sich ehrlich machen: Der deutsche Kapitalmarkt ist für innovative Technologieunternehmen zunehmend unattraktiv. Die überbordende Regulierung, die wirtschaftsfeindliche Politik der vergangenen Jahre und die allgemeine Verunsicherung haben tiefe Spuren hinterlassen.
Es ist bezeichnend, dass der Börsengang als reiner Sekundärverkauf geplant war – Autodoc selbst hätte kein frisches Kapital erhalten. Die Altaktionäre wollten offenbar rechtzeitig die Reißleine ziehen, bevor sich die Lage weiter verschlechtert. Kann man es ihnen verdenken?
Ein Weckruf für die Politik
Der Fall Autodoc sollte der Politik als Weckruf dienen. Wenn selbst profitable, wachstumsstarke Unternehmen mit 5000 Mitarbeitern keinen erfolgreichen Börsengang mehr hinbekommen, läuft etwas fundamental schief. Statt immer neue Belastungen für die Wirtschaft zu erfinden, sollte die Regierung endlich die Rahmenbedingungen verbessern.
Doch davon ist wenig zu sehen. Während andere Länder ihre Kapitalmärkte stärken und Investoren anlocken, versinkt Deutschland in ideologischen Grabenkämpfen. Die Quittung bekommen Unternehmen wie Autodoc, die trotz guter Geschäftszahlen am Kapitalmarkt scheitern.
Physische Werte als Alternative
In Zeiten wie diesen, in denen selbst solide Unternehmen keine Investoren mehr finden, gewinnen physische Werte an Bedeutung. Während Aktienkurse volatil schwanken und Börsengänge reihenweise scheitern, bieten Edelmetalle wie Gold und Silber Stabilität und Werterhalt. Sie sind unabhängig von politischen Entscheidungen und Marktturbulenzen – ein nicht zu unterschätzender Vorteil in der aktuellen Lage.
Der gescheiterte Autodoc-Börsengang ist mehr als nur eine unternehmerische Enttäuschung. Er ist ein Symptom für die tiefgreifenden Probleme des Standorts Deutschland. Solange die Politik nicht umsteuert und wieder wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen schafft, werden wir noch viele solcher Rückzieher erleben. Die Leidtragenden sind nicht nur die Unternehmen, sondern letztlich wir alle.