
Chinas digitaler Ausweis: Der gläserne Bürger wird Realität
Was George Orwell in seinem dystopischen Roman "1984" als Schreckenszenario beschrieb, wird in China zur bitteren Realität. Die kommunistische Führung in Peking führt ein zentralisiertes digitales ID-System ein, das die ohnehin schon beispiellose Überwachung der 1 Milliarde Internetnutzer auf eine neue, beängstigende Stufe hebt. Während deutsche Politiker noch über Datenschutz diskutieren, zeigt China, wohin der Weg führen könnte, wenn der Staat die vollständige Kontrolle über das digitale Leben seiner Bürger erlangt.
Der Überwachungsstaat perfektioniert sich selbst
Seit über einem Jahrzehnt müssen sich chinesische Internetnutzer bereits mit ihrem echten Namen registrieren, wenn sie online einkaufen, soziale Medien nutzen oder auch nur ein Videospiel spielen möchten. Doch das reicht der Kommunistischen Partei offenbar nicht mehr aus. Mit dem neuen System übernimmt die Regierung direkt die Kontrolle über die digitalen Identitäten ihrer Bürger. Wer künftig online aktiv sein möchte, müsse persönliche Daten in einem Ausmaß preisgeben, das selbst für chinesische Verhältnisse erschreckend sei - inklusive biometrischer Gesichtsscans.
Die Ironie dabei: Peking verkauft diese totalitäre Maßnahme als Fortschritt beim Datenschutz. Man wolle die Bürger vor Datenlecks und Betrügern schützen, heißt es aus den sechs beteiligten Regierungsbehörden, darunter bezeichnenderweise auch Chinas Sicherheitsapparat. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua spricht gar von einem "Schutzschild" für die Bevölkerung. Ein Schutzschild, der eher einem digitalen Gefängnis gleicht.
Die Illusion der Freiwilligkeit
Noch sei das System freiwillig, betonen die Behörden. Doch Experten warnen eindringlich: Diese Freiwilligkeit dürfte nicht lange währen. Laura Edelson, Informatikerin an der Northeastern University in Boston, bringt es auf den Punkt: "Sie wollen, dass der Polizist in deinem Kopf ist." Die Strategie sei perfide - man nehme den Menschen jede Illusion von Anonymität im Netz.
Besonders besorgniserregend sei die Möglichkeit des "digitalen Exils". In einem Land, in dem ohne Smartphone-Apps weder die U-Bahn genutzt noch das Mittagessen bezahlt werden könne, bedeute der Ausschluss aus dem digitalen Raum faktisch den Ausschluss aus der Gesellschaft. Ein Knopfdruck der Behörden könnte genügen, um unliebsame Bürger von allen Online-Diensten auszusperren.
Personalisierte Zensur als nächster Schritt
Nguyen Phong Hoang von der University of British Columbia sieht noch düsterere Szenarien am Horizont. Das neue System könne den Weg für personalisierte Zensur ebnen - unterschiedliche Inhalte für unterschiedliche Menschen, je nach politischer Zuverlässigkeit. "Die Granularität der Kontrolle könnte dramatisch zunehmen", warnt der Informatiker.
Dabei zeige die Vergangenheit, dass zentrale Datensammlungen auch in China nicht sicher seien. 2022 hätten Hacker behauptet, eine Polizeidatenbank mit persönlichen Informationen von über einer Milliarde Menschen geknackt zu haben. Die Daten seien zum Verkauf angeboten worden - ein Albtraumszenario, das sich mit dem neuen System potenzieren könnte.
Widerstand wird zum Schweigen gebracht
Selbst in China regt sich Widerstand gegen diese totale Überwachung. Lao Dongyan, Professor an der renommierten Tsinghua-Universität in Peking, kritisierte das System öffentlich als Versuch, alle Online-Aktivitäten zu überwachen. Sein Beitrag wurde prompt zensiert - ein bezeichnendes Beispiel dafür, wie die Kommunistische Partei mit Kritikern umgeht.
Jessica Batke vom Magazin ChinaFile sieht in dem neuen System Teil eines größeren Plans: "Sie versuchen wirklich, die Informationslandschaft zu verändern, auf die Menschen Zugriff haben - zu ändern, was sie wissen, und daher letztendlich, was sie denken." Das Ziel sei klar: Die Informationslandschaft solle für die Kommunistische Partei "sicher" gemacht werden.
Ein Blick in Europas mögliche Zukunft?
Während wir in Deutschland noch über die Vorratsdatenspeicherung diskutieren und die EU mit immer neuen Regulierungen wie dem Digital Services Act experimentiert, zeigt China, wohin der Weg führen könnte. Die schleichende Erosion der Privatsphäre, die wir auch hierzulande beobachten - sei es durch die geplante Chatkontrolle oder biometrische Überwachung im öffentlichen Raum - sollte uns alarmieren.
Jeremy Daum von der Yale Law School mag recht haben, wenn er sagt: "Dieses Schiff ist bereits abgefahren" - zumindest für China. Doch für den Westen gilt es, aus diesem abschreckenden Beispiel zu lernen. Die digitale Freiheit, die wir noch genießen, ist keine Selbstverständlichkeit. Sie muss verteidigt werden - gegen staatliche Übergriffe, gegen die Verlockungen der totalen Sicherheit und gegen jene, die uns weismachen wollen, dass Überwachung zu unserem eigenen Schutz sei.
In einer Zeit, in der auch deutsche Politiker immer häufiger nach mehr Kontrolle und Überwachung rufen, sollte Chinas digitaler Totalitarismus als mahnendes Beispiel dienen. Denn was heute in Peking Realität wird, könnte morgen auch in Berlin diskutiert werden - wenn wir nicht wachsam bleiben.
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