
KI-Revolution im Personalwesen: Wenn Algorithmen über Karrieren entscheiden
Die Arbeitswelt steht vor einem Umbruch, der sich schleichend, aber unaufhaltsam vollzieht. Während die Politik noch über Mindestlohnerhöhungen und Klimaneutralität debattiert, entscheiden längst Algorithmen darüber, wer einen Job bekommt und wer nicht. Ein aktueller Gerichtsprozess in den USA wirft ein grelles Schlaglicht auf eine Entwicklung, die auch hierzulande längst Realität geworden ist.
Der Fall, der alles verändert
Derek Mobley, ein erfahrener IT-Fachmann, erlebte das, was für viele Arbeitssuchende zum Albtraum geworden ist: Über 100 Bewerbungen, alle abgelehnt. Doch das Beunruhigende daran waren nicht die Absagen selbst, sondern deren Umstände. Absagen um zwei Uhr nachts, Ablehnungen binnen Minuten nach dem Versand – hier konnte kein menschlicher Personaler am Werk gewesen sein. Mobleys Verdacht erhärtete sich: Die Software des Anbieters Workday hatte ihn systematisch aussortiert, ohne dass je ein Mensch seine Unterlagen zu Gesicht bekommen hätte.
Was folgte, war keine persönliche Rache, sondern ein juristischer Paukenschlag. Gemeinsam mit vier weiteren Betroffenen – alle über 40 Jahre alt – reichte Mobley Klage wegen Altersdiskriminierung ein. Im Mai 2025 ließ das Gericht die Sammelklage zu. Nun könnten sich Millionen Amerikaner anschließen, die seit 2020 von der KI aussortiert wurden. Für Workday, das jährlich hunderte Millionen Bewerbungen verarbeitet und etwa jede fünfte US-Stellenausschreibung abwickelt, könnte dies zum existenziellen Problem werden.
Die deutsche Realität: Zwischen Effizienz und Ethik
Während in Amerika die Gerichte entscheiden, hat die KI-Revolution längst auch deutsche Personalabteilungen erreicht. Dr. Britta Matthes vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sieht durchaus Chancen in der Technologie. KI könne unentdeckte Talente in Unternehmen aufspüren und Weiterbildungspotenziale identifizieren. Doch diese optimistische Sichtweise verdeckt die dunkle Seite der Entwicklung.
Andreas Günzel, Karriereberater und Gründer von HR.runs, bringt es auf den Punkt: Die Personalabteilungen würden kleiner, während die Anforderungen komplexer würden. KI sei die Antwort auf diesen Druck. Doch wer kontrolliert die Kontrolleure? Wenn Algorithmen darüber entscheiden, wer eine Chance verdient und wer nicht, dann haben wir ein fundamentales Problem mit der Menschenwürde.
Die Illusion der Fairness
Professor Christoph Lütge vom Institut für Ethik in der KI an der TU München wirft einen interessanten Gedanken auf: Könnte KI am Ende sogar fairer sein als menschliche Personaler? Schließlich seien auch Menschen nicht frei von Vorurteilen. Doch diese Argumentation greift zu kurz. Der Amazon-Skandal, bei dem eine Rekrutierungs-KI systematisch Frauen benachteiligte, weil sie mit historischen Daten trainiert wurde, zeigt die Gefahr: KI verstärkt bestehende Ungerechtigkeiten und zementiert sie für die Zukunft.
Die wahre Gefahr liegt jedoch in der Machtkonzentration. Wenn wenige große Anbieter wie Workday den Markt dominieren, entscheiden deren Algorithmen über das Schicksal von Millionen. Ein fehlerhafter Code, eine verzerrte Datenbasis – und ganze Bevölkerungsgruppen werden vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Das ist keine dystopische Zukunftsvision, sondern bereits Realität.
Der Preis des Fortschritts
Die schöne neue Arbeitswelt verspricht Effizienz und Objektivität. Doch zu welchem Preis? Wenn Lebensläufe in Sekundenschnelle gescannt und Menschen auf Datenpunkte reduziert werden, verlieren wir etwas Fundamentales: die Möglichkeit zur zweiten Chance, die Würdigung individueller Lebenswege, die menschliche Intuition.
Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet ältere Arbeitnehmer die ersten Opfer dieser Entwicklung werden. In einer Gesellschaft, die ohnehin mit demografischen Herausforderungen kämpft, sortieren Algorithmen systematisch erfahrene Fachkräfte aus. Während die Politik von Fachkräftemangel spricht, verschließen digitale Torwächter qualifizierten Menschen die Türen zum Arbeitsmarkt.
Zeit für klare Grenzen
Die Lösung kann nicht darin liegen, KI komplett aus dem Personalwesen zu verbannen. Aber es braucht klare Regeln und Grenzen. Keine endgültigen Entscheidungen durch Algorithmen, transparente Kriterien, regelmäßige Überprüfungen auf Diskriminierung – das sind Mindestanforderungen in einer demokratischen Gesellschaft.
Vor allem aber müssen wir uns der Illusion entledigen, dass Technologie neutral sei. Jeder Algorithmus trägt die Vorurteile seiner Schöpfer in sich. Wenn wir zulassen, dass Maschinen über menschliche Schicksale entscheiden, geben wir einen Teil unserer Menschlichkeit auf. Der Fall Mobley gegen Workday ist mehr als ein Rechtsstreit – er ist ein Weckruf. Die Frage ist nur: Werden wir ihn hören, bevor es zu spät ist?
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