
Robinhood: Wie ein Broker-Gigant junge Anleger systematisch in die Falle lockt
Es klingt wie eine Geschichte aus dem Wilden Westen der Finanzmärkte – und genau das ist es auch. Der amerikanische Online-Broker Robinhood Markets hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wahren Phänomen entwickelt. Die Aktie des Unternehmens ist allein 2025 um sagenhafte 220 Prozent gestiegen, die Nutzerzahlen explodieren, und Gründer Vlad Tenev hat sich zum Multimilliardär gemausert. Doch hinter der glänzenden Fassade verbirgt sich ein Geschäftsmodell, das man getrost als "brillant böse" bezeichnen könnte.
Das Casino in der Hosentasche
Was Robinhood seinen überwiegend jungen Nutzern verkauft, ist nichts Geringeres als die Illusion der Demokratisierung des Investierens. Auf der App kann man Aktien handeln, Optionen kaufen, Kryptowährungen traden und nebenbei noch auf das Ergebnis des Monday Night Football wetten – alles gleichzeitig, versteht sich. Ein Dopamin-Dealer im digitalen Gewand, der seine Kunden mit bunten Animationen und spielerischen Elementen bei der Stange hält.
Die Wahrheit ist jedoch ernüchternd: Robinhood sammelt die Aufträge seiner unerfahrenen Privatanleger ein und verkauft sie an die schnellsten und cleversten Hochfrequenzhändler der Welt. Firmen wie Citadel, Jane Street oder Susquehanna zahlen bereitwillig für das Privileg, auf der anderen Seite dieser Trades zu stehen. Die Kunden sind keine Investoren – sie sind profitable Laborratten, deren Handelsverhalten studiert und ausgenutzt wird.
Payment for Order Flow: Das schmutzige Geheimnis
Das Geschäftsmodell trägt den harmlos klingenden Namen "Payment for Order Flow" (PFOF). Während der durchschnittliche Robinhood-Nutzer glaubt, er handle kostenlos, verdient das Unternehmen prächtig an seinen Aufträgen. Im dritten Quartal 2025 kassierten die Hochfrequenzhändler etwa 260 Millionen Dollar an Robinhood – allein für Optionsaufträge.
Besonders pikant: Robinhood erhält pro Optionskontrakt 0,53 Dollar von den HFT-Firmen, während der Konkurrent Charles Schwab nur 0,39 Dollar bekommt. Warum ist Robinhoods Orderflow so viel wertvoller? Die Antwort ist so simpel wie erschreckend: Die jungen, männlichen Kunden des Brokers sind aggressive Risikospieler und erschreckend vorhersehbar. Sie bewegen sich in Herden, und die Algorithmen der Hochfrequenzhändler wissen oft schon, was der Robinhood-Kunde tun wird, bevor er es selbst weiß.
Die SEC hat bereits eingegriffen – ohne nachhaltigen Erfolg
Bereits 2020 stellte die amerikanische Börsenaufsicht SEC fest, dass Robinhood seinen Kunden zwischen 2015 und 2018 verschwiegen hatte, wie das Unternehmen eigentlich Geld verdient. Die Kunden erhielten nachweislich schlechtere Ausführungspreise als bei anderen Brokern – der Schaden belief sich auf mindestens 34,1 Millionen Dollar. Doch nach diesem "ethischen Stolperstein", wie es ein Branchenkenner formulierte, machte Robinhood erst richtig Geschäft.
Zero-Day-Optionen: Russisches Roulette für die Generation Smartphone
Als wäre das alles nicht genug, hat Robinhood kürzlich sogenannte Zero-Day-Optionen (0DTE) in sein Angebot aufgenommen. Diese Finanzinstrumente verfallen noch am selben Tag und sind selbst für erfahrene Profis hochriskant. Ein 35-jähriger Nutzer berichtete dem Wall Street Journal, er stehe jeden Morgen um 6:30 Uhr auf, um mit diesen Produkten zu handeln. Sein Credo: "Wenn 500 Dollar mir 50.000 oder 60.000 Dollar einbringen können, lass mich das einfach versuchen."
Ein erfahrener Trader brachte es einmal auf den Punkt: "Wenn es einfach wäre, würden es Pfadfinderinnen machen." Die Realität ist, dass die überwältigende Mehrheit der Privatanleger gegen die Hochfrequenzhändler keine Chance hat. Es ist, als würde man einen Führerscheinneuling in einen Formel-1-Wagen setzen und erwarten, dass er das Rennen gewinnt.
Sportwetten als nächster Coup
Pünktlich zur Football-Saison hat Robinhood im August 2024 eine Partnerschaft mit der Wettplattform Kalshi geschlossen. Das Geniale daran: Kalshi hat es geschafft, seine Produkte als "Event-Kontrakte" klassifizieren zu lassen, die von der Commodity Futures Trading Commission reguliert werden. Das bedeutet, dass diese Wetten bereits an 18-Jährige in allen 50 US-Bundesstaaten verkauft werden dürfen – während klassische Online-Sportwetten erst ab 21 Jahren erlaubt sind.
Ab 2026 sollen Nutzer sogar sogenannte "Same Game Parlays" abschließen können – komplexe Kombinationswetten auf NFL-Spiele mit bis zu zehn verschiedenen Ergebnissen. Auch Echtzeit-Wetten auf die Leistung einzelner Spieler sind geplant. Die Grenze zwischen Investieren und Glücksspiel verschwimmt endgültig.
Ein Warnsignal für deutsche Anleger
Was in den USA geschieht, schwappt erfahrungsgemäß früher oder später auch nach Europa. Die Gamifizierung des Investierens, die Robinhood perfektioniert hat, findet auch hierzulande immer mehr Nachahmer. Junge Menschen werden mit dem Versprechen schneller Gewinne gelockt, während die Risiken systematisch heruntergespielt werden.
Wir befinden uns seit drei Jahren in einem Bullenmarkt. Irgendwann wird die Korrektur kommen – und sie wird hart sein. Hunderttausende junge Menschen, die in dieser Zeit zum Zocken verführt wurden, werden dann die bittere Lektion lernen, dass die Märkte keine Einbahnstraße sind.
"Diese sind unsere engagiertesten Kunden, die den Löwenanteil unserer Einnahmen generieren. Wir setzen unsere besten Leute auf aktive Trader an."
So beschreibt Vlad Tenev selbst die Strategie seines Unternehmens. Zynischer kann man es kaum formulieren.
Physische Werte als Gegengewicht zur digitalen Zockerei
In Zeiten, in denen junge Menschen systematisch zum Spekulieren verführt werden, gewinnen traditionelle Anlageformen wieder an Bedeutung. Physische Edelmetalle wie Gold und Silber mögen weniger aufregend erscheinen als Zero-Day-Optionen oder Krypto-Futures mit siebenfachem Hebel. Doch sie haben einen entscheidenden Vorteil: Sie können nicht auf null fallen, und niemand verdient daran, wenn der Anleger verliert.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Anlageberatung dar. Jeder Anleger ist selbst für seine Investitionsentscheidungen verantwortlich und sollte vor jeder Anlageentscheidung eigene Recherchen durchführen oder einen qualifizierten Finanzberater konsultieren. Die dargestellten Informationen dienen ausschließlich zu Informationszwecken.

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