
Tankstellen-Pächter im Würgegriff der Konzerne: Wenn Spritpreise zum Minutenspektakel werden
Die deutsche Tankstellenlandschaft gleicht einem Tollhaus. Während Autofahrer verzweifelt versuchen, den günstigsten Moment zum Tanken zu erwischen, ändern sich die Preise schneller als ein Politiker seine Wahlversprechen. Der Tankstellen-Interessenverband schlägt nun Alarm und spricht von „kartellrechtlich zweifelhaften Eskapaden" der Mineralölkonzerne. Ein Blick hinter die Kulissen offenbart ein System, das sowohl Verbraucher als auch Pächter systematisch benachteiligt.
Preischaos an der Zapfsäule: Wenn fünf Minuten zu lang sind
Man stelle sich vor: Sie fahren zur Tankstelle, sehen einen akzeptablen Preis, parken ein – und schon ist der Preis wieder gestiegen. Was nach einem schlechten Scherz klingt, ist bittere Realität an deutschen Tankstellen. Eine aktuelle Auswertung des Vergleichsportals benzinpreis.de enthüllt das ganze Ausmaß des Wahnsinns: Bei fast 4.000 Tankstellen galten einzelne Preise nicht einmal fünf Minuten lang. Insgesamt meldeten über 11.000 Tankstellen Preise, die teilweise weniger als eine Viertelstunde Bestand hatten.
Jochen Wilhelm, Geschäftsführer des Tankstellen-Interessenverbands, bringt es auf den Punkt: „Die Preise purzeln täglich mehrfach." Er spricht von „Verwirrungspreisen" – ein Begriff, der die Situation treffender nicht beschreiben könnte. Während der Ölpreis auf dem Weltmarkt oft tagelang stabil bleibt, tanzen die Zapfsäulenpreise einen wilden Reigen, der jeder wirtschaftlichen Logik spottet.
Die Ohnmacht der Pächter
Besonders perfide: Die Tankstellenpächter selbst sind machtlose Zuschauer dieses Spektakels. Sie haben keinerlei Einfluss auf die Preisgestaltung und schauen, so der Verband, „aus dem Fenster und wundern sich ebenso wie die Autofahrer über die Preissprünge der Mineralölkonzerne". Ein System, das jeden Gedanken an freies Unternehmertum ad absurdum führt.
Der Shop-Skandal: Wenn Brötchen zu Goldbarren werden
Doch das Preischaos an der Zapfsäule ist nur die Spitze des Eisbergs. Im Tankstellen-Shop offenbart sich die ganze Dimension der Konzernwillkür. Der TIV spricht von einer „doppelten Wettbewerbsverzerrung", bei der die Mineralölkonzerne durch „verschwiegene Zwischenprovisionen" die Einkaufspreise künstlich in die Höhe treiben.
Ein konkretes Beispiel macht das Ausmaß deutlich: Shell verpflichtet seine Pächter, 90 Prozent der Shop-Produkte von der konzerneigenen Tochter Carissa zu beziehen. Die Einkaufspreise liegen dort zwischen 70 und 110 Prozent über dem Marktniveau. Wer sich wundert, warum das belegte Brötchen an der Tankstelle fast so viel kostet wie ein komplettes Mittagessen im Restaurant, findet hier die Antwort.
Vom Tanken zum Shopping: Die schleichende Transformation
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Bereits heute erwirtschaften Pächter großer Mineralölkonzerne rund 60 Prozent ihres Rohertrags über den Shop-Verkauf. „Im Shop spielt die Musik", bestätigt Wilhelm. Die klassische Tankstelle wandelt sich zum „Shop mit Tankstelle" – eine Entwicklung, die unter normalen Marktbedingungen durchaus sinnvoll wäre. Doch wenn die Pächter gezwungen werden, zu überhöhten Preisen einzukaufen und dennoch das volle unternehmerische Risiko tragen, wird aus Innovation Ausbeutung.
Der Ruf nach politischem Handeln
Der Tankstellen-Interessenverband fordert nun ein Ende dieser Praktiken. Bundesregierung, EU-Kommission und Kartellamt müssten endlich aktiv werden. Immerhin hat das Bundeskartellamt bereits im Frühjahr angekündigt, mögliche Wettbewerbsprobleme im deutschen Kraftstoffgroßhandel zu prüfen. Die Frage sei, ob eine „erhebliche und dauerhafte Störung des Wettbewerbs" vorliege.
Man möchte den Beamten zurufen: Wenn Preise im Fünf-Minuten-Takt wechseln und Pächter gezwungen werden, zu Mondpreisen einzukaufen – was braucht es noch für Beweise? Während die Politik über Klimaziele und Verkehrswende philosophiert, werden Verbraucher und mittelständische Unternehmer von Konzernen nach Strich und Faden ausgenommen.
Ein System am Scheideweg
Die deutsche Tankstellenlandschaft steht exemplarisch für ein größeres Problem: Während die Politik von freiem Wettbewerb und Unternehmertum schwadroniert, entstehen Strukturen, die mit marktwirtschaftlichen Prinzipien nichts mehr zu tun haben. Die fast 700 Mitglieder des TIV, die rund 1.000 Tankstellen betreiben, kämpfen nicht nur um faire Bedingungen – sie kämpfen um ihre Existenz.
Es ist höchste Zeit, dass die verantwortlichen Stellen ihrer Aufsichtspflicht nachkommen. Denn am Ende zahlen wir alle die Zeche: Als Autofahrer an der Zapfsäule, als Kunden im überteuerten Shop und als Gesellschaft, die zusehen muss, wie mittelständische Unternehmer zwischen den Mühlsteinen der Konzernmacht zerrieben werden. Die Verbandsklage gegen Shell könnte ein erster Schritt sein – doch ohne politischen Willen zur Veränderung bleibt es ein Kampf David gegen Goliath.
„Mit freiem Unternehmertum hat das nichts zu tun" – diese Worte des Tankstellen-Interessenverbands sollten all jenen zu denken geben, die immer noch glauben, der Markt würde alles von selbst regeln. Manchmal braucht es eben doch eine starke Hand, die Monopolisten und Kartellen Einhalt gebietet.
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