
Deutschland am Scheideweg: Warum die Stahl-Verlagerung ins Ausland zum nationalen Desaster werden könnte
Die deutsche Stahlindustrie steht vor dem Abgrund – und mit ihr möglicherweise die gesamte Volkswirtschaft. Eine neue Studie der Universität Mannheim zeichnet ein düsteres Bild: Sollte Deutschland seine Stahlproduktion ins Ausland verlagern, drohen im Krisenfall jährliche Verluste von bis zu 50 Milliarden Euro. Diese Warnung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Große Koalition unter Friedrich Merz offenbar bereit ist, industrielle Kernkompetenzen auf dem Altar der Globalisierung zu opfern.
Der Preis der Abhängigkeit: Wenn China den Hahn zudreht
Die Wirtschaftswissenschaftler Tom Krebs und Patrick Kaczmarczyk haben ein Szenario durchgespielt, das vielen Entscheidungsträgern in Berlin offenbar zu abstrakt erscheint: Was passiert, wenn große Stahlexporteure wie China ihre Lieferungen nach Europa plötzlich drosseln? Die Antwort ist ernüchternd. Ohne eigene Produktionskapazitäten würde Deutschland in einem solchen "Stahlschock" hilflos dastehen.
Die Folgen wären verheerend: Bauunternehmen, Maschinenbauer, die Automobilindustrie – sie alle müssten erheblich mehr für den unverzichtbaren Rohstoff bezahlen. Ein Kostenschub, der sich wie ein Dominoeffekt durch die gesamte Wirtschaft fressen würde. Die privaten Haushalte würden unter sinkenden Einkommen leiden, die Binnennachfrage würde einbrechen. Ein Teufelskreis, der die deutsche Wirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen könnte.
Die vergessenen Regionen: Wo der Niedergang bereits begonnen hat
Besonders bitter: Die Studie warnt nicht nur vor einem plötzlichen Schock, sondern auch vor dem "schleichenden Niedergang" der Stahlindustrie. Städte wie Duisburg, Eisenhüttenstadt, Bremen oder das Saarland – einst stolze Zentren deutscher Industriekultur – würden zu Geisterstädten verkommen. Die Forscher ziehen Parallelen zu den USA und Großbritannien, wo der industrielle Niedergang den Boden für rechtspopulistische Bewegungen bereitete.
"Eine Politik, die zentrale Industrien aufgibt, schwächt nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die demokratische Stabilität."
Diese Warnung der Studienautoren sollte gerade der neuen Bundesregierung zu denken geben. Doch statt industriepolitische Weitsicht zu zeigen, scheint man in Berlin weiterhin dem Irrglauben anzuhängen, Deutschland könne sich zu einer reinen Dienstleistungsgesellschaft wandeln.
Die magische Zahl: 40 Millionen Tonnen als Überlebensschwelle
Die Wirtschaftsforscher haben eine klare Botschaft: Deutschland braucht eine jährliche Stahlproduktion von mindestens 40 Millionen Tonnen, um im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben. Zum Vergleich: 2024 wurden hierzulande nur noch 37 Millionen Tonnen produziert – Tendenz fallend. Die Hälfte dieser Zielmenge solle über CO2-arme Direktreduktion erzeugt werden, die andere Hälfte in Elektroöfen aus Stahlschrott.
Doch während die Forscher mehr Investitionen in klimafreundliche Produktionsanlagen fordern, scheint die Politik andere Prioritäten zu haben. Das für Donnerstag angesetzte Treffen im Bundeskanzleramt – euphemistisch "Stahlgipfel" genannt – dürfte wieder einmal mehr Symbolpolitik als echte Lösungen hervorbringen.
Die unbequeme Wahrheit über Deutschlands industrielle Zukunft
Was die Studie zwischen den Zeilen offenbart, ist die erschreckende Naivität deutscher Wirtschaftspolitik. Während China seine Stahlproduktion strategisch ausbaut und die USA unter Trump mit massiven Zöllen ihre heimische Industrie schützen, diskutiert man hierzulande über Klimaneutralität und Transformation. Dabei wird übersehen, dass eine starke Industrie die Grundlage jedes Wohlstands ist – und dass Stahl das Rückgrat dieser Industrie bildet.
Die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie mag gewerkschaftsnah sein, doch ihre Kernaussage ist unstrittig: Ein Land, das seine industrielle Basis aufgibt, gibt seine Zukunft auf. Die 50 Milliarden Euro jährlicher Verlust im Krisenfall wären nur die Spitze des Eisbergs. Der wahre Preis wäre der Verlust von Arbeitsplätzen, Know-how und letztlich nationaler Souveränität.
Fazit: Deutschland steht an einem Scheideweg. Entweder wir besinnen uns auf unsere industriellen Stärken und investieren in eine zukunftsfähige Stahlproduktion – oder wir werden zum Spielball globaler Mächte, die im Zweifel ihre eigenen Interessen über unsere stellen. Die Geschichte lehrt uns: Nationen, die ihre Schwerindustrie aufgeben, geben ihre Unabhängigkeit auf. In einer Welt, in der geopolitische Spannungen zunehmen und Lieferketten fragiler werden, wäre das ein unverzeihlicher Fehler.

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