
Japans Notenbank verliert sich im Inflations-Wirrwarr – während die Bürger unter Rekordpreisen leiden
Während japanische Haushalte unter den höchsten Inflationsraten seit Jahren ächzen, versteckt sich die Bank of Japan hinter obskuren Messgrößen und verschleppt dringend notwendige Zinserhöhungen. Die Notenbank behauptet, die „zugrundeliegende Inflation" läge noch unter ihrem 2-Prozent-Ziel – ein Argument, das bei Bürgern, die täglich mit explodierenden Lebensmittelpreisen konfrontiert sind, nur noch Kopfschütteln auslöst.
Die Realität trifft auf akademische Spitzfindigkeiten
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Mit einer Inflationsrate von 3,6 Prozent im April liegt Japan weit über dem US-Niveau von 2,3 Prozent und rangiert auf Platz zwei der G7-Staaten. Nur Großbritannien verzeichnet mit 4,1 Prozent noch höhere Werte. Doch statt entschlossen zu handeln, flüchtet sich BOJ-Gouverneur Kazuo Ueda in nebulöse Konzepte wie „gewichtete Mediane" und „Modalwerte" – Begriffe, die dem durchschnittlichen Bürger beim Einkauf im Supermarkt herzlich wenig helfen.
Nobuyasu Atago, ehemaliger BOJ-Beamter und jetzt Chefökonom beim Rakuten Securities Economic Research Institute, bringt es auf den Punkt: „Die beispiellose Natur dessen, was die BOJ tut, und das Fehlen einer Erfolgsbilanz bei der Verankerung von Inflationserwartungen sind Gründe, warum die BOJ das verschwommene Konzept der zugrundeliegenden Inflation verwendet." Diese Kommunikationsstrategie verkompliziere alles und mache es schwierig zu verstehen, was die Notenbank eigentlich bezwecke.
Ein Land zwischen Deflationsangst und Inflationsrealität
Japan kämpft seit Jahrzehnten mit dem Gespenst der Deflation. Nun, da die Inflation endlich zurückgekehrt ist – wenn auch in unerwünschter Höhe – scheint die Notenbank wie gelähmt. Während andere Zentralbanken weltweit die Zinsen senken, hat Japan zwar als eine der wenigen die Zinsen angehoben, aber mit 0,5 Prozent bewegt sich das Land immer noch in einem Bereich, der angesichts der Inflationsdynamik geradezu lächerlich niedrig erscheint.
„Für den durchschnittlichen Haushalt zählt der Preis von Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs, nicht verschwommene Konzepte wie die zugrundeliegende Inflation", so eine mit der BOJ-Denkweise vertraute Quelle.
Diese Aussage trifft den Nagel auf den Kopf. Während sich die Notenbanker in akademischen Diskussionen über verschiedene Inflationsmessgrößen verlieren, kämpfen japanische Familien mit steigenden Lebenshaltungskosten. Die Kerninflation, die volatile Lebensmittelpreise ausklammert, und die „Kern-Kern-Inflation", die zusätzlich Energiekosten ignoriert, liegen beide seit etwa drei Jahren über dem 2-Prozent-Ziel der BOJ.
Politisches Versagen auf Kosten der Bürger
Die zögerliche Haltung der BOJ offenbart ein grundlegendes Problem moderner Geldpolitik: Die Entfremdung von der Lebensrealität der Menschen. Während Ökonomen über Feinheiten verschiedener Inflationsmessungen debattieren, sehen sich normale Bürger mit einer schleichenden Enteignung durch Inflation konfrontiert. Die Dienstleistungsinflation von nur 1,4 Prozent im Mai mag für die BOJ beruhigend klingen, doch sie verschleiert die Tatsache, dass essenzielle Güter des täglichen Bedarfs deutlich teurer geworden sind.
Besonders brisant wird die Situation durch geopolitische Spannungen. Der anhaltende Nahost-Konflikt und die Aussicht auf höhere US-Zölle unter der Trump-Administration könnten die Inflation weiter anheizen. Doch statt proaktiv zu handeln, signalisiert die BOJ eine Pause bei weiteren Zinserhöhungen – ein Luxus, den sich japanische Sparer und Rentner angesichts der Geldentwertung nicht leisten können.
Ein Silberstreif am Horizont?
Immerhin gibt es innerhalb der BOJ kritische Stimmen. Naoki Tamura, bekannt für seine Befürwortung weiterer Zinserhöhungen, mahnte diese Woche: „Wenn sich die Inflationsrisiken nach oben verstärken, muss die BOJ möglicherweise entschlossen als Hüter der Preisstabilität handeln." Eine Mehrheit der Ökonomen erwartet die nächste Zinserhöhung um 25 Basispunkte jedoch erst Anfang 2026 – für viele Japaner eine Ewigkeit.
Die BOJ steht vor einem Dilemma: Einerseits will sie die fragile wirtschaftliche Erholung nicht abwürgen, andererseits verliert sie durch ihre Untätigkeit an Glaubwürdigkeit. Die Kluft zwischen akademischer Geldpolitik und der Lebensrealität der Menschen war selten so groß wie heute. In einer Zeit, in der physische Werte wie Gold und Silber als Inflationsschutz wieder an Bedeutung gewinnen, wirkt die Fixierung auf obskure Inflationsmessgrößen wie ein Relikt vergangener Zeiten.
Die japanische Notenbank täte gut daran, sich weniger auf theoretische Konstrukte und mehr auf die tatsächlichen Bedürfnisse ihrer Bürger zu konzentrieren. Denn am Ende des Tages zählt nicht, was in akademischen Modellen steht, sondern was die Menschen an der Supermarktkasse bezahlen müssen.