
Pekings diplomatische Gratwanderung: China stützt Venezuela verbal, hält sich aber mit konkreter Hilfe zurück
Während die Vereinigten Staaten unter Präsident Donald Trump eine beispiellose Blockade gegen Venezuela verhängen, übt sich China in der Kunst der diplomatischen Zurückhaltung. Peking verurteilt zwar das amerikanische Vorgehen als "einseitige Schikane", doch konkrete Hilfsangebote für den bedrängten südamerikanischen Verbündeten bleiben aus. Ein Lehrstück in Realpolitik, das die wahren Prioritäten der chinesischen Außenpolitik offenbart.
Trumps eiserne Faust im Karibischen Meer
Die Lage spitzt sich dramatisch zu: Washington hat eine vollständige Blockade aller sanktionierten Öltanker angeordnet, die venezolanische Gewässer verlassen oder anlaufen wollen. Kriegsschiffe und Truppen werden in der Region zusammengezogen. Die US-Küstenwache hat bereits einen Öltanker vor der venezolanischen Küste beschlagnahmt. Trump selbst ließ in einem Interview mit Politico verlauten, dass die Tage von Präsident Nicolás Maduro "gezählt" seien.
Die offizielle Begründung Washingtons klingt vertraut: Terrorismusbekämpfung, Eindämmung des Drogenhandels und Kampf gegen Menschenschmuggel. Maduro hingegen sieht die Sache nüchterner – die USA hätten es auf die Ölreserven seines Landes abgesehen und planten seinen Sturz.
Chinas wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel
Für Peking steht einiges auf dem Spiel. China ist der größte Abnehmer venezolanischen Rohöls, das etwa vier Prozent der chinesischen Importe ausmacht. Im Dezember beliefen sich die Lieferungen auf durchschnittlich mehr als 600.000 Barrel pro Tag. Über Jahre hinweg hat China dem südamerikanischen Land Kreditlinien im Rahmen von Öl-gegen-Darlehen-Vereinbarungen gewährt.
Außenminister Wang Yi telefonierte am Mittwoch mit seinem venezolanischen Amtskollegen Yvan Gil und betonte, Peking lehne alle Formen "einseitiger Schikane" ab und unterstütze Länder dabei, ihre Souveränität und nationale Würde zu wahren. Bemerkenswert: Weder die USA noch Trump wurden namentlich erwähnt.
Die "eiserne Freundschaft" auf dem Prüfstand
Was Wang Yi jedoch nicht erläuterte, war die konkrete Form oder das Ausmaß der Unterstützung, die China Venezuela anbieten könnte oder würde. Dies ist umso bemerkenswerter, als Peking zuvor von einer "eisernen Freundschaft" mit Caracas gesprochen hatte. Bei einem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Moskau hatte Maduro noch seine Hoffnung auf eine Ausweitung der Zusammenarbeit in Handel und Energie bekundet.
Der Spagat zwischen Ideologie und Pragmatismus
Die chinesische Zurückhaltung hat einen Namen: wirtschaftlicher Pragmatismus. Peking bemüht sich intensiv um ein friedliches Nebeneinander mit den USA, seinem wichtigsten Handelspartner. Nach monatelangen erbitterten Auseinandersetzungen über Handel und Zölle gelang es Trump und Xi im Oktober, einen Konsens über den Umgang mit heiklen Handelsfragen zu erzielen.
Ein offener Konflikt mit Washington wegen Venezuela? Das scheint Peking derzeit nicht in Kauf nehmen zu wollen. Auf die Frage, ob die von Caracas als amerikanische "Aggression" bezeichneten Maßnahmen China und die USA in der Region auf Kollisionskurs bringen könnten, wiederholte ein Sprecher des Außenministeriums lediglich die bereits bekannten Kommentare Wang Yis – ohne weitere Ausführungen.
Internationale Reaktionen und die Rolle der UN
Venezuela hat den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, sich mit der "anhaltenden US-Aggression" zu befassen. China unterstützt diesen Antrag auf eine dringende Sitzung des Gremiums. UN-Generalsekretär António Guterres hat zur Deeskalation aufgerufen und beide Seiten ermahnt, ihre Verpflichtungen aus dem Völkerrecht einzuhalten.
"China glaubt, dass die internationale Gemeinschaft Venezuelas Position bei der Verteidigung seiner legitimen Rechte und Interessen versteht und unterstützt."
Auch die Präsidenten von Mexiko und Brasilien haben zu Zurückhaltung und Dialog aufgerufen. Russlands Präsident Wladimir Putin bekräftigte in einem Telefonat mit Maduro seine Unterstützung für dessen Politik zum Schutz nationaler Interessen und Souveränität.
Ein Muster westlicher Interventionspolitik
Was wir hier beobachten, ist ein weiteres Kapitel amerikanischer Interventionspolitik in Lateinamerika – einer Region, die Washington traditionell als seinen "Hinterhof" betrachtet. Die Blockade eines souveränen Staates, die Beschlagnahmung von Handelsschiffen und die offene Drohung mit einem Regimewechsel werfen ernsthafte Fragen zum Völkerrecht auf.
Gleichzeitig zeigt Chinas Reaktion, dass selbst "eiserne Freundschaften" ihre Grenzen haben, wenn wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel stehen. Peking wägt ab – und entscheidet sich vorerst für diplomatische Floskeln statt für handfeste Unterstützung. Eine Lektion in internationaler Realpolitik, die auch für andere Verbündete Chinas lehrreich sein dürfte.

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