
Deutschlands Industrie-Exodus: Betriebsrat rechnet vor Friedrich Merz schonungslos ab
Was sich da bei der IGBCE-Veranstaltung abspielte, war keine gewöhnliche Gewerkschaftsrede. Es war ein Fanal, ein Weckruf, der eigentlich die gesamte politische Klasse in Berlin aus ihren Träumereien reißen müsste. Marco Hucklenbroich, seines Zeichens Betriebsratsvorsitzender beim Chemiekonzern INEOS, lieferte direkt neben Bundeskanzler Friedrich Merz eine schonungslose Bestandsaufnahme der deutschen Industriepolitik – oder besser gesagt: deren katastrophalen Scheiterns.
200 Millionen Euro Kostennachteil – die brutale Realität
Die Zahlen, die Hucklenbroich präsentierte, lesen sich wie ein wirtschaftspolitisches Armutszeugnis. Der INEOS-Standort Köln kämpft mit einem Kostennachteil von sage und schreibe 200 Millionen Euro gegenüber dem identischen Werk in den USA. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Identische Produktion, identische Prozesse – aber 200 Millionen Euro teurer, nur weil das Werk in Deutschland steht. Da braucht es keine Glaskugel, um zu verstehen, wohin die Reise geht.
Die Konsequenzen sind so vorhersehbar wie verheerend: Ein Standort bereits geschlossen, ein zweiter wackelt bedenklich, die Produktion an den verbliebenen Standorten schrumpft. Was hier passiert, ist keine schleichende Transformation – es ist eine Flucht, ein regelrechter Exodus der deutschen Industrie.
Energiepolitik als Sargnagel der Wettbewerbsfähigkeit
Besonders bitter: Die explodierenden Energiekosten, die Hucklenbroich als Haupttreiber der Misere identifizierte, sind hausgemacht. Während andere Länder pragmatisch auf einen breiten Energiemix setzen, hat sich Deutschland in eine ideologische Sackgasse manövriert. Die Abschaltung der Kernkraftwerke, der überhastete Ausstieg aus der Kohle, die einseitige Fixierung auf volatile erneuerbare Energien – all das rächt sich nun bitter.
"Die hierzulande hergestellten Produkte sind auf dem Markt nicht wettbewerbsfähig, weil man die höheren Kosten nicht an die Kunden weitergeben kann."
Diese nüchterne Feststellung des Betriebsrats trifft den Kern des Problems. In einer globalisierten Wirtschaft entscheiden Centbeträge über Erfolg oder Niedergang. Und Deutschland hat sich selbst einen Mühlstein um den Hals gehängt, der die heimische Industrie in die Tiefe zieht.
Wasserstoff-Träumereien treffen auf harte Realität
Als wäre das nicht genug, räumte Hucklenbroich auch gleich noch mit den Wasserstoff-Fantasien auf, die in Berlin so gerne als Heilsbringer der Energiewende verkauft werden. Die Botschaft war unmissverständlich: Vergessen Sie's! Während die Politik von der Wasserstoffwirtschaft träumt, packen die Unternehmen ihre Koffer.
Friedrich Merz' Reaktion? Eine Ankündigung von Maßnahmen und eine "Kraftwerksstrategie mit Gas". Man möchte dem Kanzler zurufen: Wo sind denn diese neuen Gaskraftwerke? Wie viele Jahre sollen noch vergehen, bis sie ans Netz gehen? Die Industrie wartet nicht auf deutsche Bürokratie und endlose Genehmigungsverfahren. Sie zieht dorthin, wo die Rahmenbedingungen stimmen – und das ist offensichtlich nicht mehr Deutschland.
Die große Koalition der Realitätsverweigerung
Besonders pikant: Diese vernichtende Analyse erfolgte in Anwesenheit des Bundeskanzlers, aber ohne die SPD-Spitze. Man hätte gerne Lars Klingbeils Gesicht gesehen, wenn er diese ungeschminkte Wahrheit über die Folgen sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik gehört hätte. Doch die Genossen glänzten durch Abwesenheit – vielleicht war es ihnen zu unangenehm, mit der Realität konfrontiert zu werden.
Was bleibt, ist die bittere Erkenntnis: Deutschland deindustrialisiert sich im Rekordtempo. Während die Politik noch über Klimaziele und Transformationsstrategien philosophiert, stimmen die Unternehmen bereits mit den Füßen ab. Sie gehen dorthin, wo Energie bezahlbar ist, wo die Bürokratie nicht erdrosselt und wo wirtschaftlicher Erfolg nicht als moralisches Versagen gebrandmarkt wird.
Zeit für einen radikalen Kurswechsel
Die vier Minuten von Marco Hucklenbroich waren mehr als nur eine Betriebsratsrede. Sie waren ein Dokument des Scheiterns deutscher Industriepolitik. Wenn selbst gestandene Gewerkschafter so deutlich werden, dann brennt es lichterloh. Die neue Große Koalition täte gut daran, diese Warnung ernst zu nehmen. Doch die bisherigen Ankündigungen lassen wenig Hoffnung aufkommen. Statt grundlegender Reformen gibt es Pflaster für klaffende Wunden.
Deutschland braucht keine weiteren Sonntagsreden über Transformation und Nachhaltigkeit. Es braucht bezahlbare Energie, weniger Bürokratie und eine Politik, die Industriearbeitsplätze nicht als Relikt der Vergangenheit, sondern als Fundament unseres Wohlstands begreift. Andernfalls werden wir in wenigen Jahren nicht mehr über Deindustrialisierung diskutieren – dann ist sie vollendete Tatsache.
Die Uhr tickt. Und sie tickt gegen Deutschland.

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