
Goldpreis kämpft sich über 4.000 Dollar zurück – doch die Ruhe trügt
Der Goldpreis hat sich nach seinem dramatischen Absturz unter die psychologisch wichtige Marke von 4.000 Dollar pro Unze wieder gefangen. Doch was auf den ersten Blick wie eine Erholung aussieht, könnte sich als trügerische Ruhe vor dem nächsten Sturm entpuppen. Die Dezember-Futures notierten zuletzt bei 4.021 Dollar, nachdem sie im regulären Handel um satte 3,2 Prozent eingebrochen waren.
Handelsfortschritte zwischen USA und China setzen Gold unter Druck
Der Auslöser für den jüngsten Kursrutsch? Ausgerechnet Fortschritte in den Handelsgesprächen zwischen Washington und Peking. Die Unterhändler beider Seiten verkündeten stolz eine Reihe von Vereinbarungen zu Zöllen und Exportkontrollen. Was für die Weltwirtschaft wie eine gute Nachricht klingen mag, ist für Goldanleger ein Warnsignal. Denn wenn sich die beiden Wirtschaftsgiganten annähern, schwindet die Nachfrage nach sicheren Häfen wie Gold.
Besonders pikant: Während Gold schwächelt, steigen die Renditen von US-Staatsanleihen – ein doppelter Schlag für das Edelmetall, das keine Zinsen abwirft. Die Anleger scheinen trotz der erwarteten Zinssenkung der Federal Reserve in dieser Woche zunehmend nervös zu werden.
Von Rekorden zum Realitätscheck
Noch vor einer Woche feierte Gold neue Rekorde bei über 4.380 Dollar pro Unze. Ein Plus von mehr als 50 Prozent seit Jahresbeginn ließ viele Anleger träumen. Doch wie so oft an den Märkten folgte auf die Euphorie die Ernüchterung. "Überfüllte Long-Positionen können sich schnell auflösen, wenn gehebelte Händler ihre Gewinne sichern wollen", warnt Chris Weston von der Pepperstone Group.
"Solange Gold weiter tiefere Tiefs bildet und die Futures-Volumina an Abwärtstagen erhöht bleiben, ist es schwierig, den Boden zu bestimmen."
Die Analysten von Citigroup sehen sogar noch deutlicheres Abwärtspotenzial. Sie prognostizieren einen Rückgang auf 3.800 Dollar in den nächsten drei Monaten. Ein Szenario, das vielen Goldbugs schlaflose Nächte bereiten dürfte.
Zentralbanken als unsichere Stütze
Auf der prestigeträchtigen Konferenz der London Bullion Market Association in Kyoto wurde hinter vorgehaltener Hand diskutiert: Die Zentralbanknachfrage, lange Zeit der verlässliche Treiber des Goldpreises, schwächelt. John Reade vom World Gold Council ließ durchblicken, dass eine tiefere Korrektur von professionellen Händlern sogar begrüßt werden könnte.
Diese Einschätzung sollte Privatanlegern zu denken geben. Wenn selbst die Profis auf fallende Kurse hoffen, ist Vorsicht geboten. Die Zeit der mühelosen Gewinne könnte vorerst vorbei sein.
Fed-Politik im Fokus – aber reicht das?
Die Märkte erwarten mit großer Sicherheit eine Zinssenkung um 25 Basispunkte bei der zweitägigen Fed-Sitzung, die am Mittwoch endet. Es wäre die zweite Senkung in Folge. Doch selbst diese geldpolitische Lockerung scheint dem Goldpreis derzeit keinen nachhaltigen Auftrieb geben zu können.
Zusätzliche Unsicherheit bringt die anstehende Nachfolge von Fed-Chef Jerome Powell, der im Mai nächsten Jahres ausscheidet. Die Liste der Kandidaten liest sich wie ein Who's Who der amerikanischen Geldpolitik, doch jeder Name steht für eine andere geldpolitische Ausrichtung.
Silber und andere Edelmetalle unter Druck
Gold steht mit seinen Problemen nicht allein da. Silber verlor am Montag 3,7 Prozent, Platin blieb flach, nur Palladium konnte leicht zulegen. Die breite Schwäche im Edelmetallsektor deutet auf einen grundlegenden Stimmungswandel hin.
Der Bloomberg Dollar Index gab zwar leicht um 0,1 Prozent nach, doch das reichte nicht aus, um den Edelmetallen nennenswerten Auftrieb zu verleihen. Die Zeiten, in denen jede Dollar-Schwäche automatisch zu steigenden Goldpreisen führte, scheinen vorerst vorbei zu sein.
Was bedeutet das für Anleger?
Die aktuelle Entwicklung zeigt einmal mehr: Gold bleibt ein volatiler Markt, der schnelle Richtungswechsel vollziehen kann. Während kurzfristig orientierte Trader möglicherweise auf weitere Rücksetzer spekulieren, sollten langfristig denkende Anleger die fundamentalen Treiber im Blick behalten.
Die massiven Haushaltsdefizite vieler Staaten, die anhaltende Geldentwertung und geopolitische Unsicherheiten sprechen weiterhin für eine Beimischung physischer Edelmetalle im Portfolio. Gerade in Zeiten, in denen die Märkte von Euphorie zu Panik und zurück schwanken, bewährt sich Gold als Stabilitätsanker – auch wenn es kurzfristig mal holpert.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Anlageberatung dar. Jeder Anleger muss seine Investitionsentscheidungen selbst treffen und trägt die volle Verantwortung für seine Anlageentscheidungen. Wir empfehlen, sich umfassend zu informieren und gegebenenfalls professionellen Rat einzuholen.

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