
Merz unter Druck: Opposition fordert Dialog mit Putin – Doch wo bleibt die deutsche Diplomatie?
Die deutsche Außenpolitik steht wieder einmal am Scheideweg. Während der russische Präsident Wladimir Putin seine Gesprächsbereitschaft signalisiert, zeigt sich die neue Große Koalition unter Bundeskanzler Friedrich Merz gewohnt zögerlich. Ausgerechnet die Opposition von links und rechts mahnt nun zur Vernunft und fordert diplomatische Initiativen – ein Armutszeugnis für die selbsternannte "Verantwortungskoalition".
250.000 Tote – und Berlin schweigt
Der Ukraine-Krieg hat bereits eine Viertelmillion Menschenleben gefordert. Eine erschütternde Zahl, die offenbar weder den Kanzler noch seinen sozialdemokratischen Vizekanzler Lars Klingbeil zu ernsthaften Friedensbemühungen bewegt. Stattdessen verharrt man in der altbekannten Berliner Lethargie, während täglich Menschen sterben.
Sören Pellmann von der Linken bringt es auf den Punkt: Die Bundesregierung habe "viel zu lange viel zu wenig Diplomatie versucht". Man fragt sich unwillkürlich: Versucht sie überhaupt noch Diplomatie? Oder hat sich Berlin längst damit abgefunden, nur noch Zuschauer in einem Konflikt zu sein, der Europa erschüttert?
Wenn die Opposition vernünftiger ist als die Regierung
Es sagt viel über den Zustand der deutschen Politik aus, wenn ausgerechnet AfD und Linke die Stimme der Vernunft erheben müssen. Markus Frohnmaier von der AfD fordert eine "sachliche und verantwortungsvolle" Prüfung von Putins Angebot. Eine Selbstverständlichkeit, möchte man meinen – doch in Berlin scheint selbst das zu viel verlangt.
Die Union hingegen stellt Bedingungen: Erst müsse Putin ein "Zeichen des guten Willens" setzen, tönt es aus den Reihen der CDU/CSU-Fraktion. Als ob Diplomatie ein Belohnungssystem wäre und nicht die Kunst, auch mit schwierigen Gesprächspartnern Lösungen zu finden. Bismarck würde sich im Grabe umdrehen.
Die SPD – zwischen Tradition und Koalitionszwang
Besonders tragisch ist die Rolle der SPD. Die Partei Willy Brandts, die einst mit ihrer Ostpolitik Brücken baute, wo andere nur Mauern sahen, ist heute nur noch ein Schatten ihrer selbst. Während prominente Sozialdemokraten wie Ralf Stegner und Rolf Mützenich in einem Manifest mehr Diplomatie fordern, bezeichnet der außenpolitische Sprecher Adis Ahmetovic Putins Angebot als "fragwürdig".
Immerhin räumt er ein, dass ein Telefonat "Chancen" bieten könnte. Welch revolutionäre Erkenntnis! Man könnte tatsächlich miteinander reden, um Erwartungen zu formulieren. Wer hätte das gedacht?
Die verpasste Chance der Großen Koalition
Die neue Große Koalition hatte die historische Chance, nach dem Chaos der Ampel-Jahre einen Neuanfang in der Außenpolitik zu wagen. Stattdessen setzt sie die Politik der Sprachlosigkeit fort. Während Merz im Wahlkampf noch große Töne spuckte und einen "Politikwechsel" versprach, zeigt sich nun: Der Kaiser ist nackt.
Die Forderung nach einem "bedingungslosen Waffenstillstand" als Vorbedingung für Gespräche, wie sie Jürgen Hardt von der CDU erhebt, ist dabei besonders weltfremd. Seit wann werden Waffenstillstände ohne vorherige Gespräche erreicht? Diese Logik erinnert fatal an die Sturheit, mit der Berlin schon in der Vergangenheit diplomatische Chancen verstreichen ließ.
Deutschland als Zaungast der Weltpolitik
Während andere Nationen aktiv an Lösungen arbeiten, hat sich Deutschland in eine komfortable Zuschauerrolle zurückgezogen. Man verwaltet den Status quo, statt ihn zu gestalten. Die Folge: Deutschland verliert zunehmend an internationalem Einfluss und Glaubwürdigkeit.
Es ist bezeichnend, dass in dieser Situation ausgerechnet die politischen Ränder – links wie rechts – mehr außenpolitischen Realismus zeigen als die selbsternannte "Mitte". Vielleicht liegt es daran, dass sie nicht in den Fesseln der transatlantischen Konformität gefangen sind, die das Berliner Establishment seit Jahren lähmt.
Zeit für echte Verantwortung
Die Große Koalition trägt den schönen Namen "Verantwortung für Deutschland". Doch wahre Verantwortung bedeutet nicht, sich hinter Floskeln zu verstecken, während Menschen sterben. Wahre Verantwortung bedeutet, alle diplomatischen Kanäle zu nutzen, um Frieden zu schaffen – auch wenn der Gesprächspartner schwierig ist.
Die Geschichte wird hart über jene urteilen, die in Zeiten des Krieges die Chance zum Dialog ausschlugen. Merz und seine Koalition täten gut daran, sich daran zu erinnern, bevor es zu spät ist. Denn eines ist sicher: Mit jedem Tag, der ohne ernsthafte Friedensbemühungen verstreicht, wächst nicht nur die Zahl der Opfer – es schwindet auch das Vertrauen der Bürger in eine Politik, die große Worte im Munde führt, aber kleine Taten folgen lässt.