
SPD-Parteitag wird zum Debakel: Klingbeil kassiert historische Abfuhr
Was für ein politisches Erdbeben auf dem SPD-Parteitag! Lars Klingbeil, der sich nach dem Wahldesaster vom Februar als starker Mann der Sozialdemokraten inszeniert hatte, erlebte eine beispiellose Demütigung. Mit mickrigen 65 Prozent wurde er als Parteichef wiedergewählt – ein historisches Tief, das selbst die umstrittene Andrea Nahles im Jahr 2018 noch übertraf. Während seine neue Co-Vorsitzende Bärbel Bas mit triumphalen 95 Prozent gewählt wurde, musste Klingbeil eine schallende Ohrfeige seiner eigenen Genossen einstecken.
Der Preis der Machtgier
Die Quittung für Klingbeils rücksichtslosen Machtkurs ließ nicht lange auf sich warten. Nach dem katastrophalen Absturz der SPD auf 16 Prozent bei der Bundestagswahl hatte der 47-Jährige skrupellos alle Hebel in Bewegung gesetzt, um seine Position zu festigen. Er riss nicht nur den Parteivorsitz an sich, sondern sicherte sich auch noch den Fraktionsvorsitz, führte die Koalitionsverhandlungen mit der Union und machte sich kurzerhand selbst zum Vizekanzler und Finanzminister. Seine bisherige Co-Vorsitzende Saskia Esken wurde dabei eiskalt abserviert – ein Vorgehen, das vielen Delegierten offenbar zu weit ging.
Besonders pikant: Klingbeil hatte nach der Wahlniederlage radikal durchgegriffen und alle SPD-Minister aus der gescheiterten Ampel-Koalition ausgetauscht. Einzige Ausnahme bildete Verteidigungsminister Boris Pistorius, der sich offenbar als zu populär erwies, um geopfert zu werden. Diese Machtdemonstration sollte Stärke zeigen, offenbarte aber letztlich nur die Schwäche einer Partei, die ihre eigene Identität verloren hat.
Ein Vorsitzender auf Bewährung
Die Szene, als Klingbeil sein desaströses Wahlergebnis erfuhr, sprach Bände. Mit brüchiger Stimme musste er das "schwere Ergebnis" zur Kenntnis nehmen – ein Moment der Wahrheit für einen Politiker, der sich bis dahin für unantastbar gehalten hatte. Dass die Delegierten ihm anschließend aus Mitleid stehenden Applaus spendeten, macht die Demütigung nur noch größer. Es war kein Zeichen der Unterstützung, sondern ein Trostpflaster für einen angeschlagenen Parteichef.
"Es gab keine abgesprochene Abstrafungsaktion gegen Klingbeil"
So beteuern es zumindest einflussreiche Landesfürsten. Doch diese Aussage macht das Ergebnis nur noch verheerender. Wenn 35 Prozent der Delegierten spontan und ohne Absprache gegen ihren Vorsitzenden stimmen, zeigt das die tiefe Zerrissenheit der Partei. Die SPD, einst stolze Volkspartei mit klarem Profil, ist zu einem Schatten ihrer selbst verkommen – zerrissen zwischen Machterhalt und politischer Überzeugung.
Die neue Machtverteilung
Während Klingbeil am Boden liegt, triumphiert Bärbel Bas als neue starke Frau der SPD. Mit ihren 95 Prozent Zustimmung sendet sie ein klares Signal: Die Basis sehnt sich nach einer anderen Art von Führung. Bas hatte beim Parteitag deutliche Worte gegen die "Macho-Genossen" gefunden und damit offenbar einen Nerv getroffen. Ihre Wahl ist auch eine Absage an den rücksichtslosen Politikstil, den Klingbeil verkörpert.
Die Parallelen zu Andrea Nahles sind unübersehbar. Auch sie hatte 2018 mit mageren 66 Prozent ein schwaches Ergebnis eingefahren und war anschließend vom Dauerfeuer aus den eigenen Reihen zermürbt worden. Für Nahles war es der Anfang vom Ende – sie trat zurück, bevor sie gestürzt werden konnte. Klingbeil steht nun vor der gleichen Herausforderung: Entweder er liefert schnell Erfolge, oder seine Tage als Parteichef sind gezählt.
Die SPD in der Identitätskrise
Das desaströse Wahlergebnis Klingbeils ist symptomatisch für den Zustand der deutschen Sozialdemokratie. Eine Partei, die ihre Wurzeln verraten und sich in der Großen Koalition mit der Union selbst aufgegeben hat. Statt für soziale Gerechtigkeit und Arbeitnehmerrechte zu kämpfen, verwaltet sie nur noch den Status quo. Die Genossen spüren das – und strafen ihre Führung ab.
Klingbeils Traum von einer SPD-Kanzlerkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl dürfte nach diesem Debakel in weite Ferne gerückt sein. Als Finanzminister in Merkels Kabinett muss er nun eine Politik mittragen, die dem sozialdemokratischen Markenkern widerspricht. Gleichzeitig muss er bei den anstehenden Landtagswahlen Erfolge liefern – eine Herkulesaufgabe für einen angeschlagenen Parteichef.
Die SPD steht am Scheideweg. Entweder sie besinnt sich auf ihre Kernwerte und findet zu einer glaubwürdigen Opposition zurück, oder sie versinkt endgültig in der Bedeutungslosigkeit. Klingbeils schwaches Wahlergebnis könnte der Weckruf sein, den die Partei braucht. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Genossen weiter vor sich hin dümpeln – gefangen zwischen Machterhalt und politischer Beliebigkeit.